Es raubt uns die Individualität und macht unser Denken kindlich…
„Facebook kann unser Gehirn verändern“ – davor warnt Neurowissenschaftlerin Susan Greenfield von der Universität Oxford (Großbritannien). Im britischen „Telegraph“ erklärt sie, dass wir durch soziale Netzwerke nicht nur unsere Individualität aufgeben, sondern unsere Denkweise auch immer kindlicher wird.
Vor allem „Facebook-Home“ – die neue Nutzeroberfläche, bei der man statt der gewohnten Apps und Widgets sofort die Updates seiner Facebook-Freunde auf der Startseite seines Smartphones bekommt – hält sie für bedenklich.
Auf den ersten Blick ist „Facebook-Home“ harmlos: Man erfährt sofort, was bei den Freunden los ist und welche Fotos sie gerade gepostet haben. Doch genau dadurch werden wir immer besessener! Besessen davon, das Leben anderer zu überwachen und gleichzeitig jeden Moment der eigenen Existenz im sozialen Netzwerk festzuhalten. Damit schaden wir vor allem uns selbst, genauer gesagt: unserer Individualität, sagt Greenfield.
GRUND: Permanent das Leben anderer gezeigt zu bekommen, setzt uns unter Druck, ebenfalls ein digitales Super-Leben zu führen, statt sich eine Privatsphäre zu bewahren. Unser Gehirn wird sozusagen langsam von „Individualist“ auf „öffentlicher Gemeinsschaftsmensch“ umprogrammiert.
Die Expertin erklärt das folgendermaßen:
„Das menschliche Gehirn ist dem anderer Spezies überlegen, da es die einzigartige Fähigkeit hat, sich seiner Umgebung anzupassen – es ist sozusagen formbar. Da wir in einer immer digitaler werdenden Welt leben, sind wir permanent auf Alarmbereitschaft getrimmt, was andere Menschen (in dem Fall unsere Facebook-Freunde) gerade tun oder welche Meinung sie derzeit vertreten. Dadurch ändert sich automatisch und unbemerkt unsere Denkweise, unsere Einstellung zu vielen Dingen.“
Die fatale Folge laut Greenfield:
Unsere Denkweise bleibt eher kindlich, abhängig von dem Verhalten und den Gedanken anderer. Wir REAGIEREN anstatt zu AGIEREN. Wir definieren uns über “Gefällt mir“ – Angaben und der Anzahl der Antworten auf unsere Postings. Zudem nehmen wir uns nicht die Zeit, innerlich zu reflektieren, wie wir zu bestimmten Dingen stehen, sondern lassen uns von der Meinung der Masse leiten. Unsere Erlebnisse sind nur dann aufregend, interessant oder skurril gewesen, wenn das unsere digitalen Freunde auch finden – und das dementsprechend kommentieren.
Die Ironie dabei:
Obwohl wir alle unsere Privatsphäre als höchstes Gut erachten, geben wir sie in totalen Netzwerken komplett auf, um Teil der Gemeinschaft zu sein. Um “Gefällt mir“-Angaben zu sammeln, geben wir Fotos, Erinnerungen und Wünsche preis. Wir antworten lieber schnell auf ein Posting, als uns die Zeit zu nehmen, erst einmal darüber nachzudenken, wie wir es tatsächlich finden.
Laut Greenfield entwickeln wir dadurch eine neue Identität – und zwar eine über-vernetzte, gemeinschaftliche Identität. Die Gefahr: So wie uns die Gemeinschaft sieht, sehen wir uns schließlich auch.